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23.03 / Primarschulhaus Hofmatt, Gelterkinden

Wettbewerb 2023, 4. Rang, 1. Ankauf

Planungsteam
Auftraggeber – Gemeinde Gelterkinden
Architektur – op-arch | Michel Baumann
Freiraum – Nipkow Landschaftsarchitektur AG
Tragwerk  – Büro Thomas Boyle + Partner AG
Gebäudetechnik – Eicher + Pauli AG

Projektbeschrieb

Ergolztal, bauliche Nähe und räumliche Weite

Das Areal der Primarschule Gelterkinden ist sanft in die südliche Hangseite des Ergolztales eingebettet. Ihre terrassierte Anlage mit flachen Schulbauten und offenen Verbindungslauben bietet spannende Aus- und Durchblicke in die bewegte Siedlungslandschaft des Oberbaselbieter Tafeljuras. Das Baufeld für die Schulerweiterung ist direkt an den Pausenplatz der Primarschule angebunden und profitiert von der leicht erhöhten Lage an der Schnittstelle zwischen kleinräumlicher Schulanlage und der Weite des Ergolztals – flankiert von der eindrucksvollen Kastanie, die den östlichen Auftakt ins Schulareal markiert.  Der Ersatzneubau besetzt den Ort des bisherigen Schulpavillons, der Hauptzugang mit gedeckter Vorzone liegt neu in direktem Bezug zum Pausenplatz. Ein Nebeneingang im rückwärtigen Bereich führt in die Aussenanlagen. Dazwischen entsteht entlang der Längsfassade ein terrassierter Aufenthaltsbereich, der an den Pausenplatz anschliesst.

Architektur, Struktur und Lernlandschaft

Das neue Schulhaus reagiert auf die unterschiedlichen Lagequalitäten des Ortes mit einer zweischichtigen räumlichen Gliederung:

Nach Nordwesten, zur Schulanlage orientiert, liegt die schmale «Kombizone», welche die Erschliessung, die Garderoben, Nassräume und zusätzlich informelle Arbeitsplätze aufnimmt. Die Treppen führen bis aufs Dach, wo unter einer mit transluzenter PV gedeckten Pergola eine geschützte Terrasse mit kleinem Pflanzgarten liegt. Damit steht bereits heute die Erschliessung für eine künftige Erweiterung um drei Klassen bereit. Eine kleine Vorinvestition mit grossem Mehrwert: heute als Freiluft-Zusatzangebot mit Energiegewinnung, morgen zur Schulraumerweiterung mit der geringstmöglichen Eingriffstiefe und Bauzeit.

Die breitere Raumschicht, nach Südosten orientiert, beherbergt die Klassen- und Gruppenräume, welche in die Weite des Ergolztals blicken und gleichzeitig in räumlich direktem Bezug zu den informellen Arbeitsplätzen der Kombizone stehen. Zeitgemässe pädagogische Anforderungen eines inklusiven Schulunterrichts mit individueller Förderung können so auf einfache, ökonomische Weise erfüllt werden. Dabei profitiert jeder Klassen-Cluster von einer zweiseitigen natürlichen Belichtung und einer natürlichen Durchlüftung von Fassade zu Fassade. Durch die Skelettbauweise, ergänzt mit nichttragenden inneren Trennwänden und Verglasungen entsteht von Fassade zu Fassade eine Lernlandschaft mit vielfältigen Raumbezügen.

Der Gebäudeausdruck wird durch die Leichtbaufassaden geprägt. Die Holzsandwich-Elemente der Längsseiten sind mit hinterlüfteten Holzschalungen und Holz-Metall-Fensterbändern versehen, die stirnseitigen, aussteifenden Betonscheiben sind mit denselben hinterlüfteten, vorverwitterten Holzschalungen versehen. Längsseitige, blechgedeckte Holzsimse sind Witterungsschutz für die Holzfassaden, die Lüftungsflügel und den aussenliegenden Sonnenschutz. Vor den Schulzimmern lassen Fallarmmarkisen die Sicht nach Aussen frei, während vor der Kombizone Vertikalstoren vorgesehen sind, welche aufgrund der Nordwest-Orientierung nur abends benötigt werden und über denen die horizontalen Lüftungsflügel weiterhin einen optischen Aussenraumbezug herstellen.

Struktur, Technik und Kreislaufwirtschaft

Die beiden Raumschichten sind entsprechend ihrer Funktion jede für sich strukturell und technisch differenziert ausgebildet, auf ein Minimum an Ressourcenverbrauch ausgelegt und damit auch aus wirtschaftlicher Sicht optimiert.

So weist die Kombizone, für welche wir eine reduzierte Last- und Schallanforderung annehmen, mit ihren kleinen Spannweiten eine Holzbalkenlage auf, auf denen schlanke Sperrholzdecken mit schwimmendem Anhydritüberzug liegen. An den beiden Stirnseiten liegen die Treppenhäuser und Eingänge, welche unbeheizt und mit einfacher Verglasung als Windfänge und Klimapuffer dienen.

Die breitere Raumschicht mit den Klassenzimmern und den grösseren Spannweiten wird strukturell von vorfabrizierten Betonstützen und -trägern gebildet. Darauf liegen Holzrippendecken mit schwimmendem Anhydritüberzug und dämpfendem Deckbelag.

Nicht zuletzt tragen Struktur- wie Technikkonzept zeitgemässen Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft Rechnung: mittels einer vorfabrizierten Bauweise, dem Einsatz baubiologisch einwandfreier Materialien, einer weitreichenden Systemtrennung und eines niedrigen Technisierungsgrades können nach Erreichen der Lebensdauer ein grosser Teil der baulichen Komponenten einer neuen Verwendung zugeführt oder recykliert wieder dem Stoffkreislauf zugeführt werden.

Materialität und Behaglichkeit

Während das Tragwerk aus Holz und teilweise aus Beton vorgefertigt wird, sorgen nichttragende, raumbildende Lehmsteinwände für thermische Speichermasse und eine ausgeglichene Luftfeuchtigkeit. Beides sind entscheidende Kriterien für ein gesundes Raumklima, unterstützt durch die natürliche Belüftung und Nachtauskühlung, sowie die grosszügige Tageslichtversorgung innerhalb des schlanken Gebäudekörpers. Innere Verglasungen sorgen für eine gute Lichtverteilung und vielfältige visuelle Raumbezüge.

Innerhalb dieser Mischbauweise besitzt jedes Bauteil diejenige Materialität, welche seiner Funktion architektonisch, technisch und wirtschaftlich am angemessensten ist. Die Oberflächen sind in ihrer Optik und Haptik so naturbelassen wie möglich und vermitteln eine behagliche Raumatmosphäre.

Brandschutz

Das räumliche Konzept ermöglicht die Ausbildung von geschossweisen Brandabschnitten. Diese halten mit jeweils zwei geschlossenen Fluchttreppen, welche direkt ins Freie führen, die maximalen Fluchtweglängen problemlos ein. Innerhalb eines Geschosses bestehen mit Ausnahme der Nassräume keine Brandschutzanforderungen an Trennwände, Türen und Verglasungen. Der Erschliessungs- und Garderobenbereich kann als Kombizone für den Schulunterricht genutzt werden. Wird ein fixer Raumabschluss zwischen den beiden Gruppenräumen gewünscht, kann mittels einer zusätzlichen Türe in denjenigem Klassenzimmer, welches ans Treppenhaus angrenzt, die Entfluchtung über maximal zwei Räume gewährleistet werden. Durch die natürliche Belüftung beschränken sich vertikale Technikschächte auf ein Minimum, womit das Schachtkonzept kaum Brandschutzmassnahmen erfordert. Sollte eine mechanische Lüftung gewünscht werden, kann die Medienführung auf einfache Art innerhalb der Schrankschicht der Schulräume gelöst werden, wodurch kaum horizontale Verteilungen nötig sind und Brandschutzmassnahmen mit geschossweisen Brandschutzklappen technisch relativ einfach, wenn auch nicht ganz günstig, zu realisieren sind.