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17.08 / Neubau Siedlung In der Lachen, Dietikon

Für die neu zu planende Genossenschaftssiedlung ist keine Grossform vorgesehen, sondern situative, kleinteilige Eingriffe, die nach übergeordneten formalen Prinzipien zu einem grösseren Ganzen addiert werden. Die Wohnungen für eine gemischte Bewohnerschaft sollen je nach Lebensphase verschieden genutzt werden können und zu einem Grossteil im günstigen Preissegment liegen.

Projektwettbewerb, März 2018

Planungsteam
Auftraggeber – Baugenossenschaft Schönheim
Architektur – op-arch | Michel Baumann, Arko Naroyan
Landschaftsarchitektur – Nipkow Landschaftsarchitekten
Projektbeschrieb


Bergfrieden

Drei Minuten nach Verlassen des Bahnhofs Dietikon ist das umtriebige Limmattal bereits in weite Ferne gerückt. Die bestens in den Taktfahrplan des Zürcher Verkehrsverbundes eingebettete Bremgarten-Dietikon-Bahn ist am Stadthaus, der katholischen und später auch der reformierten Kirche, dann an verschiedenen Schulanlagen vorbeigefahren, bevor sie im Wohnquartier aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts stehen blieb. Gleich wird sie wieder Fahrt aufnehmen um den dichten Agglomerations-Siedlungsraum in Richtung hügeliger Landschaften zu verlassen.

In der Lachen

Wir befinden uns im beschaulichen Teil der stark wachsenden Limmattalgemeinde. In der unmittelbaren Umgebung reihen sich die Gärten schöner Einfamilien- und kleiner Mehrfamilienhäuser an Querstrassen und bilden ein dicht bewachsenes Quartier. Das Gebiet ist von der Kleinteiligkeit des Bestands geprägt. Die Gebäude der bestehenden Genossenschaftssiedlung aus den 40er-Jahren gehören bereits zu den grösseren im Quartier obwohl die mögliche Ausnützung nur etwa zur Hälfte ausgeschöpft ist. Trotz der vorgesehenen Verdoppelung der Geschossfläche sollen die Wohnqualitäten des bestehenden alten Quartiers dem Neubauprojekt als Vorbild dienen. Nicht die Grossform, sondern situative, kleinteilige Eingriffe die nach übergeordneten formalen Prinzipien zu einem grösseren Ganzen addiert werden, scheinen hier angemessen.

Das halbe Zimmer

Die Genossenschaft wünscht sich unterschiedlich bespielbare Räume für eine gemischte Bewohnerschaft. Wohnungen die je nach Lebensphase verschieden genutzt werden können und zu einem Grossteil im günstigen Preissegment liegen. Der einzelnen „Wohneinheit“ kommt somit eine spezielle Bedeutung zu. In der Tradition optimierter Wohnungsgrundrisse werden nutzungsneutrale Räume um eine zentrale Erschliessungsfigur angelegt. Herzstück der Wohnung ist das „halbe Zimmer“ im Zentrum der inneren Raumfolge. Es ist grosszügiges Entrée oder zentrales Spielzimmer, erweiterter Wohnraum oder zur Küche gehörender Essbereich und wird damit zum individuell bespielbaren Teil der Wohnung.

Variabilität durch nutzungsneutrale Zimmer

Für die fünf Studierenden wird die Küche ihrer Viereinhalbzimmer-Wohnung zum Dreh- und Angelpunkt des Zusammenlebens. Sie verbringen den gemeinsamen Teil ihres Alltags hauptsächlich am grossen Tisch der mitten im «halben Zimmer» steht oder, wenn es das Wetter zulässt, auf dem Balkon. Die vierköpfige Familie hingegen hat zwei Kinderzimmer und ein Elternschlafzimmer eingerichtet und nutzt die beiden zusätzlichen Räume klassisch als Wohn- und Esszimmer. Der alleinerziehende Vater schätzt es sehr, dass neben dem Wohnzimmer auch zwei Zimmer für seine Kinder zur Verfügung stehen, obwohl er einen Raum zum Arbeiten nutzt. Weil die Bereiche für Wohnen und Essen als abtrennbare Zimmer ausgebildet sind und der Balkon auch von der Küche her zugänglich ist, besteht die Möglichkeit auf der Fläche einer Vierzimmerwohnung fünf Zimmer individuell zu nutzen.

Prototyp und Variation

Die innere Raumfolge bestehend aus halbem Zimmer, Küche und Balkon bildet mit zwei angelagerten Räumen die Grundeinheit der Wohnung. Diese wird, je nach Wohnungstyp, durch ein, zwei oder drei Zimmer und Nasszellen ergänzt. Eine Besonderheit bilden direkt vom Treppenhaus erschlossene Einzimmer-Wohnungen, die auch zur Nachbarwohnung geschaltet werden können. Zum grossen Teil sind die Wohnungen dreiseitig ausgerichtet. Der Balkon steht vor dem Gebäude und ist somit gleichzeitig Teil der Wohnung und des Freiraums.

Von der Wohneinheit zum Quartier

Die typisierten Grundrisse entwickeln sich vom zentralen Treppenhaus in die Tiefe und nehmen was Ausrichtung und Grösse anbelangt auf ihre unmittelbare Umgebung Bezug. Diesem organischen Prinzip folgend werden die einzelnen Wohneinheiten zu fünf freistehenden Einzelgebäuden mit unterschiedlichen Gebäudehöhen und variierenden Geschossflächen zusammengefügt. An der Bremgartenstrasse erfordert die Lärmsituation ein abweichendes Prinzip. Zur Strasse hin zeichnen sich Küchen und Essbereiche ab, das Wohnzimmer nimmt die gesamte Gebäudetiefe auf und ist, wie die Schlafräume, auf die ruhige Siedlungsseite ausgerichtet. Ein langes strassenbegleitendes Haus nimmt die Serie von zweiseitig orientierten Drei- und Vierzimmer-Wohnungen auf und schliesst die Siedlung zur Lärmquelle hin ab.

Neue Szenerie im durchgrünten Umfeld

Zurückhaltende Farbigkeit und materialspezifische Erscheinung bestimmen den Ausdruck der Fassade. Die Maserung des druckimprägnierten Holzes, der leichte Glanz auf dem kupfernen Dachrand und das Schattenspiel in den Falten der dunkelroten Vorhänge verleihen dem schlichten Bild einen Hauch von Eleganz. Die privaten Aussenräume sind bis ins Erdgeschoss Teil der Gebäude und wie diese umhüllt vom Spiel der vertikalen Holzlamellen. Offene und geschlossene Fassadenbereiche folgen der bewegten Gebäudevolumetrie und bilden eine neue Szenerie für den langsam einwachsenden Siedlungsgarten.

Offenes Gefüge

Die Freiräume zwischen den fragmentierten drei- und viergeschossigen Gebäuden nehmen die Massstäblichkeit der umliegenden Gärten auf. Die Wohnhäuser sind in ein feinmaschiges Netz befestigter Flächen mit harten und weichen Kanten eingebunden und von teppichartigen Wiesenflächen umgeben. Büsche und Bäume setzen über das ganze Areal verteilt Akzente im optischen Spiel von Vorder- und Hintergrund und bereichern die vielfältigen An- und Durchsichten. Einzig zur Bremgartenstrasse hin zeichnen klassische Vorgärten eine klare Grenze zum öffentlichen Raum ansonsten ist die Wohnsiedlung als offenes Gefüge ohne Hierarchien konzipiert und wird somit Teil des durchgrünten Wohnquartiers im Süden von Dietikon.