17.05 / Areal Bahnhof Süd, Rotkreuz
Die Absicht der SBB, den Bahnhof Rotkreuz zu einem Mobilitätshub auszubauen und entlang der Geleise 38‘000 m2 Geschossfläche für Wohnen, Dienstleistung, Gastronomie und Einkaufen zu realisieren, bietet der Gemeinde die Gelegenheit, das Ortszentrum gleichzeitig zu einem attraktiven Lebensraum zu transformieren. Rotkreuz braucht unterschiedlich bespielbare, adäquat gefasste und gut vernetzte öffentliche Räume für ein vielfältiges Publikum.
Auftraggeber – SBB AG, Immobilien Development
Architektur – op-arch | Marion Spillmann, Tobias Paro, Carina Keller
Landschaftsarchitektur – Zwahlen + Zwahlen Landschaftsarchitektur
Verkehrsplanung – Enz + Partner GmbH Verkehrsplanung
Dorfmattquartier Rotkreuz
Von der Kreuzung nationaler Infrastrukturen zum Lebensraum im Ortszentrum
Die nationale Verkehrsinfrastruktur hat die Transformation des Weilers Rotkreuz vom Standort einiger Bauernhäuser zum grössten Ortsteil der Gemeinde Risch ausgelöst und beflügelt. Sie ist aber auch massgeblich für die räumlichen und verkehrstechnischen Defizite im Ortszentrum verantwortlich. Die Gemeinde liegt am nördlichen Fusse des Rothenbergs, eingebettet zwischen Reusstal und Zugersee. Grün- und Landschaftsräume reichen fast bis ins Zentrum und führen zu einem taillierten Siedlungsbild. Das Areal Bahnhof Süd liegt im spitz zulaufenden Bereich zwischen Geleisefeld und Buonaserstrasse. Hier schwächen sich Fragmente räumlicher Zentrumsbildung aus verschiedenen Epochen gegenseitig: Der Bahnhofplatz ist Bushaltestelle; dem Dorfmattplatz fehlt ein seiner Dimension und seiner Bedeutung angemessener Rahmen mit adäquater Nutzung; der Festplatz liegt zwischen Entsorgung, Sportanlage und Parkplätzen und ist nicht adäquat in den öffentlichen Raum eingebunden. Das Ortszentrum ist von Verkehrsräumen und Parkplätzen geprägt, publikumsorientierte Nutzungen schwimmen in zusammenhangslosen Freiräumen, Orte mit Aufenthaltsqualität fehlen weitgehend.
Schrittweise Transformation
Die Absicht der SBB den Bahnhof Rotkreuz zu einem Mobilitätshub auszubauen und entlang der Geleise 38‘000m2 Geschossfläche für Wohnen, Dienstleistung, Gastronomie und Einkaufen zu realisieren, bietet der Gemeinde die Gelegenheit, das Ortszentrum gleichzeitig zu einem attraktiven Lebensraum zu transformieren. In Zukunft werden die Besucherfrequenzen steigen. Rotkreuz braucht unterschiedlich bespielbare, adäquat gefasste und gut vernetzte öffentliche Räume für ein vielfältiges Publikum. Mit der Absicht, bereits vorhandene Potenziale so gut wie möglich zu nutzen, schlagen wir Eingriffe zur Klärung und Strukturierung des Ortszentrums vor. Ausgehend vom vielfältig genutzten Zentrum Dorfmatt und dem in das Gemeindeleben integrierten Dorfmattplatz, werden die umliegenden Freiräume zu Orten mit eigenständiger Atmosphäre entwickelt und miteinander vernetzt. Die Sanierung und Erweiterung des Zentrums Dorfmatt sowie die Erweiterung der Sportanlage lassen feine Bedeutungsverschiebungen zu und tragen somit ihren Teil zur Verankerung des neuen Ortszentrums im Bewusstsein und im Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner, Besucherinnen und Besucher von Rotkreuz bei.
Impulsgeber Infrastruktur
Mit dem ersten Entwicklungsschritt der SBB wird die Verkehrsinfrastruktur reorganisiert und der Bahnhof Rotkreuz zum Mobilitäshub ausgebaut. Die verschiedenen Verkehrsträger werden konsequent entflechtet. Kreuzungen oder Doppeldeutigkeiten werden vermieden. Eine logische und übersichtliche Führung der verschiedenen Akteure schafft optimale Orientierung und kurze Umsteigedistanzen.
Alle Buslinien werden auf der Südseite der Geleise, zwischen den beiden Geleisequerungen konzentriert. Der Bushof mit zwei Anlegekanten ermöglicht zielreine Abfahrten der Busse Richtung Süden (52, 53, 73, 110) an den Haltekanten beim Aufnahmegebäude und Richtung Norden (8, 51) beim Zentrum Dorfmatt. Die Haltekanten mit einer Höhe von +22cm sind hindernisfrei erreichbar, die Länge der An- und Abfahrtsbereiche ermöglicht eine Absenkung der Kante auf 3cm, womit auch die hindernisfreie Querung des Bushofs gewährleistet ist. Da das fahrplanunabhängige Andocken an die Haltekanten nicht möglich ist, zeigen Digitalanzeigen an wann und wo welche Busse halten. Der Bushof ist unabhängig vom Individualverkehr angeordnet. Das Park+Rail Parkhaus im Westen ist über die Bahnhofstrasse an die Buonaserstrasse angebunden. Über die Dorfmattstrasse im Osten werden die Tiefgaragen des Gemeindehauses und der Neubauten sowie die Kiss+Ride- und Taxi-Parkplätze erschlossen. Die bestehenden Tiefgarageneinfahrten beim Gemeindehaus und bei der heutigen Bushaltestelle werden auch für die Neubauten genutzt. Die rückwärtigen Anlieferungen von Migros und Spar bleiben gewährleistet. Velo- sowie Bike+Rail-Abstellplätze im Untergeschoss sind über die bestehende Rampe auf dem Dorfmattplatz und eine weitere Rampe bei der Überführung erschlossen. Auf dem Bushof gilt auch für Farhrräder ein Fahrverbot. Fussgängerinnen und Fussgänger finden ihre Wege in alle Richtungen weitestgehend geschützt oder abseits vom MIV.
Räumliches Rückgrat an den Geleisen
Der Dorfmattplatz wird durch Gebäude gefasst, die seiner Dimension angemessen sind. Mit dem Parkhaus wird das dreieckige Geviert an den Geleisen geschlossen. Das Wohnhochhaus setzt ein sichtbares Zeichen für das neue Ortszentrum und fügt sich gleichzeitig in das vorhandene Ensemble höherer Bauten der Umgebung ein. Zum Platz hin zeichnen sich drei Dienstleistungsgeschosse ab und wahren so die Massstäblichkeit der unmittelbaren Umgebung. Durch den Rückbau von Entsorgungsstelle und Garderobengebäude wird der östliche Teil des SBB-Areals für eine Neubebauung freigespielt. Ein zweites Hochhaus betont die neue Erschliessungsachse bei der Geleiseüberführung, zwei schlanke Wohngebäude führen die Bebauung fort. Hier, zwischen Bahn und Sportanlage, können aktuelle Tendenzen kollektiver Wohnformen aufgenommen werden die das lokale Wohn-Angebot bereichern.
Bühne für das öffentliche Leben
Die Entstehung der grossen und raumprägenden Neubauten am Geleiseraum wird durch die differenzierte Entwicklung öffentlicher Räume begleitet. Vielfältiger öffentlicher Raum zeichnet sich durch eine differenzierte Bespiel- oder Aneigenbarkeit aus. Räume für notwendige, optionale und soziale Aktivitäten laden unterschiedliche Nutzerinnen und Nutzer zu unterschiedlichen Tageszeiten ein, sich an verschiedenen Orten aufzuhalten.
Der Dorfmattplatzplatz wird in seiner Bedeutung als offener, multifunktional nutzbarer Raum erhalten und gestärkt. Zahlreiche Veranstaltungen finden bereits heute auf dem Dorfmattplatz statt. Jährlich wiederkehrende Ereignisse wie Fasnacht, Chilbi, Räbeliechtliumzug und Weihnachtsmarkt aber auch wöchentliche Veranstaltungen wie der samstägliche Markt bieten sich als Ausgangspunkte für die Aneignung des neuen Zentrums an.
Der Stadtgarten entsteht östlich des Gemeindehauses, ist öffentlich nutzbar und besitzt intimere, beschauliche Qualitäten. Er ist kleiräumiger konzipiert und bereitet das Terrain für die zukünftige Nutzung im umgebauten Dorfmattzentrum vor. Die Wohnbebauung bekommt mit dem Quartierpark ein attraktives Umfeld, welches die Verbindung zum Sportpark und zum Geleisfeld herstellt. Niederschwellige Angebote wie ein temporärer Imbisstand, Veranstaltungen der Vereine oder ein Quartierfest aber auch frei zugängliche Grillstellen, Spielplätze oder einfach eine Sitzbank im Schatten eines Baumes ergänzen das vielfältige Angebot im öffentlichen Raum. Der bestehende Festplatz wird – temporär oder dauerhaft – in das Netz der öffentlichen Freiräume eingebunden.
Dorfmattquartier im Zentrum von Rotkreuz
Der Bahnhof Rotkreuz ist zum Umsteigeort für zahlreiche Pendlerinnen und Pendler geworden, die Dienstleistungs- und Wohnflächen entlang der Geleise sind bezogen, das Netz öffentlicher Freiräume ist etabliert. Bahnhofsplatz, Stadtgarten und Quartierpark wurden als Orte mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten angeeignet. Rund um das Zentrum Dorfmatt und die bestehenden Sportanlagen ist ein vielfältiger Lebensraum entstanden. In einem weiteren Entwicklungsschritt werden nun die Bauten der öffentlichen Hand saniert und erweitert. Gezielte Eingriffe stellen einen stärkeren Bezug zu den etablierten Freiräumen her. Das vielfältig genutzte Zentrum Dorfmatt wird somit neu in Wert gesetzt. Zu Dorfmattplatz und Bushof hin werden die Erdgeschossflächen geöffnet um das Angebot an bahnhofsnahen publikumsorientierten Nutzungen zu erweitern. Im Westen nimmt ein zweigeschossiger Anbau neue Räume für die Gemeindeverwaltung und im Erdgeschoss ein Bistro auf. Dieses orientiert sich zum Stadtgarten hin, ist einerseits Kantine für die Mitarbeitenden im Haus und steht andererseits auch Aussenstehenden offen. Die erweiterte Sportanlage auf der anderen Seite der Dorfmattstrasse deckt das wachsende Bedürfnis der Bevölkerung nach Infrastrukturen für Bewegung und Sport ab und ergänzt somit die Nutzungen für die lokale Bevölkerung am Stadtgarten. Das Areal Bahnhof Süd Rotkreuz ist über die Jahre mit den umliegenden Siedlungen an der Buonaserstrasse zum lebendigen Dorfmattquartier zusammengewachsen.