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23.08 / Neubau Energiezentrale, Magglingen

Planungsteam
Auftraggeber – Budesamt für Bauten und Logistik BBL
Architektur – op-arch | Oester Pfenninger Ulrich Weiz, Carina Keller, Peter Schuberth
Bauleitung – Bauleitung GmbH, Biel
Bauingenieurwesen – Dr. Lüchinger+Meyer Ingenieure AG, Zürich
HLKS-Planung – eicher+pauli AG, Biel
Elektroplanung – HEFTI. HESS MARTIGNONI Bern AG, Bern
Landschaftsarchitektur – Nipkow Landschaftsarchitektur AG, Zürich
Fassadenplanung – Dr. Lüchinger+Meyer Ingenieure AG, Zürich
Visualisierung – David Klemmer

Projektbeschrieb

Die Architektur und ihre thematische Einbettung

«Der innovative, nachhaltige Charakter des Geothermie-Projektes soll in der Architektur der Energiezentrale zeichenhaft manifestiert werden»

Auszug aus dem Vorwort «Programm BASPO Magglingen, Neubau Energiezentrale und Gestaltung Aussenraum»

Das Verborgene und das Sichtbare

Auf der documenta 6 im Jahr 1977 schuf Walter De Maria auf dem Kasseler Friedrichsplatz den «Vertical Earth Kilometer». 167 sechs Meter lange, aneinandergereihte Messingstäbe waren in die Erde versenkt worden; an der Oberfläche sichtbar nur die 5cm Durchmesser der letzten Stange in der Mitte einer umgebenden Sandsteinplatte (Abb. 1). Fasziniert von dieser unsichtbaren Land-Art-Installation, knieten sich die Besucher nieder, um diesen Stab zu berühren, welcher einen Kilometer tief in die Erde reichte (Abb.2).

Dieses einzigartige Ereignis möchten wir im Geothermieprojekt mit seiner prognostizierten Tiefe von bis zu 2'200 Metern nochmals sichtbar machen. Es scheint ein menschliches Urbedürfnis zu sein, mit einem kilometerlangen Medium Richtung Erdmittelpunkt in Verbindung stehen zu können. Es soll «die Menschen dazu anregen, über die Erde und ihren Ort im Universum nachzudenken», schreibt Walter Dde Maria, und 45 Jahre später ist dieses Nachdenken aktueller denn je.

Mit einem eigens dafür entworfenen Passstück zwischen Abdeckplatte (Gattic-Deckel) und Geothermieleitung wäre eine physische Verbindung Richtung Erdmittelpunkt möglich (Abb.3). Die Abdeckplatte mit ihrer Intarsie ist so mehr als nur befahrbar. Sie macht das Verborgene sichtbar und auch fassbar.

Der Schaukasten und seine ortsbauliche Kraft

Ein Schaukasten für den Neubau der Energiezentrale dockt an das bestehende Werkhofgebäude an und vereint die beiden Bauten zu einer Einheit. Zwischen den mächtigen Volumen der beiden Sporthallen setzt dieses volumetrisch in die Höhe ausgebildete Volumen einen weiteren Akzent. Zusammen mit dem neu geordneten Vorplatz, mit seiner zeichenhaften Nachbildung der Geothermie auf der Bodenoberfläche, bilden Architektur und Freiraum einen adressierten Ort für das engagierte Bauvorhaben.

Etwas versetzt zum wirklichen Standort der Geothermie verweist der Schaukasten auf das «Leuchtturmprojekt» des Bundes. Von weit her sichtbar, aber durch Form und Funktion nicht verlässlich einem klassischen architektonischen Bauwerk zuzuordnen, soll diese Kunstbaute Vieles sein. Ein sichtbares Zeichen für das Unsichtbare, ein Merkpunkt für etwas Besonderes, ein in der Dämmerung einsetzender Leuchtkörper oder ganz einfach ein mutiges Element für den notwendigen Schutz der Pellett-Tanks, des Wärmespeichers und der notwendigen Technik für die Geothermie.

Die Intarsien des Vorplatzes

Sichtbare Zeichen in der Gestalt der Bodenoberfläche des Vorplatzes sind die verborgene Leitungsführung und die technischen Anforderungen der Geothermie. Ein Hinweis des Sicherheitsradius des Bohrturmes in Kreisform und die Leitungsführung der Geothermie sind dabei ordnende Elemente der Platzgestaltung.

Nachvollziehbare Suffizienz

«Sie versuchen, kompromisslos nur jene Mittel zu verwenden, die sie als unserem Zeitalter, als einer Epoche der Technik, für angemessen halten. Daraus erklärt sich ihre Vorliebe für Stahl und ihr Streben nach Vorfabrikation und Montagebau»

Zitat Joedicke, 1969, aus: «Gefüllte Leere», Jürg Graser, gta Verlag, 2014

In Anlehnung an die Schule von Solothurn - Barth, Zaugg, Schlup, Füeg und Haller - soll die Energiezentrale mit den konstruktiven Anforderungen von Heute gekoppelt werden. Eine in der Grundrissdisposition mittig angeordnete Hochleistungspilzstütze mit Pendelstützen entlang der Fassade erlaubt grösstmögliche Flexibilität in der Raumaufteilung. Geschossdecken aus LC-Beton, mit Pflanzenkohle angereichert, lassen hohe Punktlasten von unterschiedlich schweren Haustechnikkomponenten zu. An den beiden fensterlosen Seitenfassaden wird die Unterkonstruktion aus Reuse-Stahlträgern ausgebildet, und unterschiedliche Wellbleche aus alten Fabrikationshallen verkleiden die Dämmelemente. Das Wellblech-Patchwork wird einheitlich mit einer schützenden Silberfarbe gestrichen. Die Nordostfassade des Schaukastens ist im Erdgeschoss mit Falttoren und darüber mit transparenten, gedämmten Profilitgläsern ausgestattet. Das Dach wird intensiv begrünt und mit einer aufgeständerten PV-Anlage ausgerüstet.

Landschaft

Die freiräumliche Projektidee entwickelt sich aus dem Verhältnis zwischen dem geschlossenen, gewachsenen Wald, den offenen Freiraumsequenzen, der vorgefundenen Topografie und den eingestreuten Gebäudevolumen des Bestandes. Die zurückhaltende architektonische Intervention für das Geothermieprojekt stellt sich einem klar umrissenen, kreisförmigen Platzfeld gegenüber und bildet einen zentralen, horizontalen Platzraum an der mural gefassten Hangkante zum prägenden Waldsaum der Jurafalte. Gegenüber der Alten Sporthalle setzt ein geometrisch ausgelegtes Baumfeld einen Kontrapunkt zum urwüchsigen Wald und tritt in räumliche Beziehung zum Kraftfeld des geothermischen Brennpunktes, dem reliefartig in die Topografie eingepassten Platzrund, Treffpunkt und Aufenthaltsort für die Nutzer von Magglingen und Passanten der Wanderfraktion. Die Typologie des abfallenden Strassenraumes mit seinen talseitigen Abstufungen, Zugangsbereichen, Anlieferungs- und Parkierungsbereichen wird in der neuen Komposition übernommen und präzisiert. Die beiden abgestuften Platzebenen der offenen, höher liegenden Platzebene mit Hartbelag vor dem Kopfbau des infrastrukturellen Geothermievolumens und die von grosskronigen Bäumen beschattete und chaussierte Platzebene vor der Alten Sporthalle bilden eine räumliche Einheit, die an die öffentliche Durchwegung angebunden ist. Die gesamte Raumeinheit zwischen Alter Sporthalle und Geothermieprojekt wird als zusammenhängende Platzfigur ohne Abtrennung des Strassenraumes gelesen, die als Begegnungszone verstanden wird. Sie kann bei Bedarf für Veranstaltungen im Sinne einer Mehrfachnutzung genutzt werden. Bergseitig öffnet sich der Blick nach wie vor über die natürlich fliessenden Grünfl.chen des gewachsenen Geländes hin zu den Bestandesbauten der Gesamtanlage. Die Platzflächen werden weitmöglichst über die Schulter entwässert und nach dem Prinzip der Schwammstadt gestaltet. Einheimische Baumarten (z.B. Bergahorn, Linden) beschatten den Platz. Die Belags- und Parkierungsflächen werden grösstmöglich entsiegelt. Die umgebenden Wiesenflächen werden in artenreiche Blumenwiesen mit hoher Biodiversität umgewandelt.

Tragwerk

Die neue Energiezentrale, welche im Osten an die bestehende Einstellhalle anschliesst, ist einfach konstruiert und weist eine klare und logische Lastabtragung auf. Für das Tragwerk der Energiezentrale wird eine bewährter Skelettbau in Massivbauweise (Recyclingbeton) vorgeschlagen. Stützen entlang den Fassaden und eine zentrale Stütze tragen die relativ schlanken Flachdecken. Die mittige Stütze ist entsprechend den anfallenden Lasten kräftig ausgebildet und am Kopf mit einem Pilz versehen. Dieser leistet einerseits einen entscheidenden Beitrag am Durchstanzwiderstand und andererseits kann dadurch die Deckenstärke um rund 10% reduziert werden. Die Stabilität des Neubaus gegenüber den horizontalen Einwirkungen (Wind, Erdbeben) wird über durchgehende Aussteifungselemente sichergestellt. Die erforderlichen Silos, befinden sich auf dem Niveau des Parkdecks und erweitern das Gebäude am Ende in seiner Höhenentwicklung. Die «Haube» über den Silos ergibt sich aus der Struktur der Fassade. Auf dem Dach des bestehenden Werkhofs werden zusätzliche Parkplätze geschaffen. Die anfallende Last der Fahrzeuge auf das bestehende Dach, soll mittels einem Stahlträgerrost, welche mit einer Betonplatte in Verbund wirkt, aufgenommen werden. Das Gebäude wird entsprechend den geologischen Gegebenheiten fundiert. Das vorgeschlagene Tragwerk ist einfach, bewährt und leistet Dank dem Einsatz von möglichst schlanken Bauteilen und der Verwendung von Recyclingbeton einen Beitrag an die Nachhaltigkeit.

Gebäudetechnik HLK

Setzung Energiezentrale

Die Setzung der zweigeschossigen Energiezentrale im bestehenden Umfeld ermöglicht ein optimales Volumen-/Flächenverhältnis und integriert die bestehenden Speicher und das Pelletssilo optimal in die Struktur. 

Durch die Weiterverwendung der bereits installierten technischen Infrastruktur der Pelletslagerung, Feuerung und Wärmespeicheranlage resultiert zudem eine optimales Re-Use-Konzept im Sinne der Kreislaufwirtschaft.

Räumliche Organisation

Sämtliche Räume sind in Bezug auf das Raumprogramm angeordnet und mit den notwendigen Wartungs- und Servicezugängen ausgerüstet.

Im Untergeschoss befinden sich die Geothermiezentrale. Zudem ist hier auch die Infrastruktur der Tankanlage sowie der Öltank für die Notheizung disponiert. Zudem wird hier die Lüftung der technischen Räume angeordnet.

Im Erdgeschoss befindet sich auf einem Geschoss die Pelletsheizkessel. Die Silos sowie die Wärmespeicheranlage werden gezügelt und integrieren sich optimale in das vorgesehene kompakte Volumen.

Die vorgesehenen Dispositionen sind in den nachfolgenden Planausschnitten dokumentiert.